LG Itzehoe (Az.: 3 O 113/23): Deckungsschutz für Vorgehen gegen Volkswagen

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Das Landgericht Itzehoe hat in einem aktuellen Urteil (Az.: 3 O 113/23) entschieden, dass eine Rechtsschutzversicherung verpflichtet ist, einer von uns vertretenen Klägerin Deckungsschutz für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Volkswagen AG zu gewähren. Die Entscheidung betrifft die Ansprüche einer Versicherten, die ein Fahrzeug erworben hatte, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Diesel-Abgassystem ausgestattet war. Dieses Urteil ist ein wichtiger Erfolg für unsere Mandantin und alle Versicherungsnehmer, die ihre Rechte gegenüber einem Versicherer durchsetzen möchten.

Hintergrund des Falls

Unsere Mandantin ist als mitversicherte Person in einem Rechtsschutzversicherungsvertrag ihres Ehemannes eingeschlossen und erwarb im Jahr 2017 einen VW Eos 2.0 TDI als Gebrauchtwagen. Das Fahrzeug war mit einem Motor des Typs EA 189 ausgestattet, der im Rahmen des „Dieselgate“-Skandals bekannt wurde. Diese Motoren waren mit einer Software versehen, die den Stickoxid-Ausstoß während der Prüfstandtests reduzierte, während im normalen Straßenverkehr ein deutlich höherer Ausstoß auftrat.

Nachdem diese Manipulationen bekannt wurden, bot Volkswagen ein Software-Update an, das ein sogenanntes Thermofenster implementierte – eine Funktion, deren Zulässigkeit weiterhin umstritten ist. Unsere Mandantin forderte daraufhin von ihrer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für ein außergerichtliches Vorgehen und eine mögliche Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gegen Volkswagen. Der Versicherer lehnte dies jedoch mehrfach ab, mit der Begründung, es bestünden keine ausreichenden Erfolgsaussichten für eine solche Klage.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Itzehoe gab unserer Mandantin in allen Punkten Recht und stellte fest, dass die Versicherung verpflichtet ist, den Deckungsschutz zu gewähren. Das Gericht erkannte an, dass die geltend gemachten Ansprüche unter den Versicherungsschutz fallen. Es betonte, dass die Versicherung auch dann Deckungsschutz gewähren muss, wenn die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage nicht vollständig geklärt sind. Unsere Mandantin konnte durch einen Stichentscheid die Erfolgsaussichten der Klage nachweisen. Dieser Stichentscheid entsprach den Anforderungen der Versicherungsbedingungen und war daher für die Versicherung bindend.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Ablehnung des Deckungsschutzes durch die Versicherung nicht rechtmäßig war, da die Versicherung bei ihrer ersten Ablehnung keinen ausreichenden Hinweis auf die Möglichkeit eines Stichentscheids oder eines Schiedsgutachterverfahrens gegeben hatte. Dieser Hinweis wurde erst in einem späteren Schreiben korrekt erteilt. Das Gericht erkannte, dass unsere Mandantin aufgrund der fehlenden Belehrung nicht ausreichend über ihre Rechte informiert wurde, was die Voraussetzungen für eine sogenannte Deckungsfiktion gemäß § 128 Satz 3 VVG erfüllte. Die erneute Deckungsanfrage unserer Mandantin wurde als eigenständiger Antrag gewertet, der den vorherigen Mangel nicht heilte.

Entscheidend war auch, dass der von uns initiierte Stichentscheid den Anforderungen der Versicherungsbedingungen entsprach und damit für die Versicherung bindend war. Der Stichentscheid setzte sich umfassend mit den Erfolgsaussichten der Klage auseinander und bejahte diese aufgrund bestehender rechtlicher Unsicherheiten in Bezug auf die Zulässigkeit der eingebauten Abschalteinrichtungen. Da die Versicherung keine schwerwiegenden Einwände gegen die Erfolgsaussichten erhoben hatte, musste sie den Deckungsschutz gewähren.

Das Gericht entschied zudem, dass die Versicherung verpflichtet ist, sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die unserer Mandantin durch die unberechtigte Verweigerung der Deckungszusage entstanden sind. Dies umfasst auch die Kosten für den Stichentscheid, den wir zur Durchsetzung ihrer Rechte in die Wege geleitet haben. Diese Kostenübernahme ergibt sich aus den Versicherungsbedingungen, die eine Übernahme der Kosten bei unberechtigter Ablehnung vorsehen.

Fazit

Das Urteil des Landgerichts Itzehoe zeigt, dass Versicherungsnehmer, unterstützt durch eine kompetente rechtliche Vertretung, ihre Rechte gegenüber Rechtsschutzversicherern erfolgreich durchsetzen können, wenn diese die Deckungszusage verweigern. Insbesondere in komplexen Fällen wie dem „Dieselgate“-Skandal ist eine fundierte rechtliche Prüfung der Erfolgsaussichten entscheidend, um eine Deckungszusage zu erhalten. Das Urteil betont die Bedeutung einer klaren und transparenten Kommunikation seitens der Versicherer und stärkt die Rechte der Versicherten auf Deckungsschutz. Wir freuen uns, dass wir unsere Mandantin erfolgreich vertreten konnten und stehen auch anderen Betroffenen zur Seite, die in Versicherungsfragen rechtlichen Beistand benötigen.