LG Rottweil: Präklusion des Versicherers

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In Literatur und Rechtsprechung wird einhellig angenommen, dass ein Rechtsschutzversicherer eine auf Mutwilligkeit und/oder mangelnde Erfolgsaussichten gestützte Ablehnung „unverzüglich“, also innerhalb eines Zeitraumes von 2-3 Wochen, aussprechen muss; anderenfalls ist er mit diesen Ablehnungsgründen präkludiert (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2016, Az.: IV ZR 245/15; Harbauer/Schmitt, 9. Aufl. 2018, ARB 2010 § 3a Rn. 7 m.w.N.).  

Dennoch wehren sich Versicherer auch bei Überschreitung dieser (nicht starren) „Frist“ teils vehement, Deckungsschutz zu bestätigen. Dem hat das Landgericht Rottweil (Urteil vom 14. November 2022, Az.: 3 O 123/22 (BeckRS 2022, 32336)) nun eine unzweideutige Absage erteilt: 

Zum Sachverhalt 

Der Versicherungsnehmer verfolgte Ansprüche aufgrund des Abgasskandals und stellte – nach klageabweisendem Urteil in der ersten Instanz – unter dem 28. Dezember 2021 eine Deckungsanfrage für das Berufungsverfahren. Der Versicherer lehnte den Deckungsschutz aufgrund angeblich mangelnder Erfolgsaussichten mit Schreiben vom 21. Januar 2022 ab. 

Trotz des Umstandes, dass die Ablehnung erst nach über 3 Wochen erfolgte, verweigerte der Versicherer auch im Deckungsklageverfahren weiter den Deckungsschutz und begründete die verzögerte Ablehnung damit, dass das erstinstanzliche Urteil umfangreich und komplex gewesen sei. Weiterhin lag im Prüfungszeitraum neben Weihnachten und dem Jahreswechsel mit den „Heiligen drei Königen“ noch ein weiterer Feiertag. In dieser Zeit gebe es „bekanntermaßen“ ein erhöhtes Urlaubsaufkommen und es müssten vorrangig Anfragen in verjährungskritischen Fällen bearbeitet werden. Aufgrund dieser Umstände sei die Fristüberschreitung daher nicht zu beanstanden und führe nicht zur Präklusion. 

Entscheidungsgründe 

Das Landgericht Rottweil ließ sich von diesen „Argumenten“ nicht beeindrucken und entschied, dass keine Anhaltspunkte vorgetragen wurden, die eine Abweichung von der Frist rechtfertigen würden. 

So sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Deckungsschutz für das erstinstanzliche Vorgehen bereits bestätigt hatte und daher „nur“ noch die Erfolgsaussichten zu prüfen waren. Im Hinblick auf die angebliche Komplexität des zugrundeliegenden Sachverhaltes erkannte das Landgericht, dass dies für Fälle im Abgasskandal durchaus zutreffe. Gleichwohl handle es sich um immer wiederkehrende Sachverhaltskonstellationen und Rechtsfragen, sodass sich der Aufwand bei einer Erfolgsaussichtenprüfung wiederum relativiere. 

Hinsichtlich des Einwands der „Urlaubszeit“ hielt das Landgericht fest, dass es dem Versicherer obliege, sich derart zu organisieren, dass er auf Deckungsanfragen in angemessener Zeit reagieren könne. Auf jährlich wiederkehrende Feiertage oder arbeitsintensive Zeiträume (verjährungskritische Anfragen) müsse sich der Versicherer entsprechend personell vorbereiten.  

Weiterhin wäre vorliegend zu berücksichtigen gewesen, dass 2021 weder die Weihnachtsfeiertage noch Silvester auf einen Wochentag fielen.  

Ohnehin habe die Beklagte aber schon nicht substantiiert dargelegt, dass es tatsächlich eine „angespannte Personalsituation“ gegeben habe. Der pauschale Vortrag, dies sei “bekannt” sei ohne weitere Ausführungen zu den tatsächlichen Arbeitsumständen nicht geeignet, entschuldigende Gründe anzunehmen.  

Anmerkungen 

Die Entscheidung ist aus unserer Sicht nicht nur erfreulich, sondern vor allem richtig. Abgesehen davon, dass die Bearbeitung einer Deckungsanfrage im Abgasskandal aufgrund des Massenschadencharakters eine längere Bearbeitungsdauer grundsätzlich nicht rechtfertigen kann, muss insbesondere berücksichtigt werden, dass der Deckungsschutz bereits einmal geprüft wurde. Der Verweis auf eine „bekannte“ Urlaubszeit kann wohl nur dann tragen, wenn eine angespannte Personalsituation substantiiert dargelegt wird und der Versicherer überzeugend ausführt, dass diese nicht auf einem internen Organisationsfehler beruht. Dies dürfte regelmäßig nicht gelingen.